Gemeindebrief April 2014
vor vielen hundert Jahren hat ein kleines Mädchen einen großen Kaiser sehr zum Staunen gebracht. Katharina hieß das Mädchen, sie war eine Christin und lebte in Alexandria. Sie kannte viele Geschichten über Jesus, natürlich auch die Ostergeschichte vom leeren Grab: Als die Frauen damals zur Grabhöhle kamen, in die man Jesus gelegt hatte, da fragten sie sich schon den ganzen Weg: „Wer wird uns den schweren Stein wegrollen?“ Die Sorgen begleiteten sie auf ihrem Weg, aber anscheinend war die Hoffnung größer, dass es sich irgendwie fügen könnte. Dass ihnen jemand zur Hilfe kommen würde, der den schweren Stein, der den Leichnam vor wilden Tieren schützte, zur Seite schaffen kann. Wären sie sonst losgegangen?
Der Stein schließlich war nicht das Problem, der war weg, genau wie der Leichnam. Die Frauen fanden nichts. Das war zuerst ein Schock und erst langsam verstanden sie, was diese Leere bedeuten könnte: Dass der Weg Jesu hier nicht endete. Nicht an den Gräbern! Diese Geschichte kannte Katharina. Als eines Tages der Kaiser aus Rom ihre Stadt besuchte, ließ er Katharina zu sich kommen. Das war nicht ohne Risiko für das Mädchen, denn der Kaiser verfolgte die junge Christenheit. Aber von diesem Mädchen hatte er viel gehört und das machte ihn neugierig. Katharina war mutig und stellte sich vor den Kaiser hin und erzählte ihm vom Leben und vom Sterben Jesu und schließlich auch von dem Wunder seiner Auferstehung.
„Von den Toten auferstanden? Das kann ich erst glauben, wenn du aus einem Stein neues Leben erwecken kannst“, so oder ähnlich muss der Kaiser gesprochen haben.
Katharina ging mit hängenden Schultern davon. Aber auf dem Weg kam ihr eine Idee. Sie kaufte von einem Bauern ein fast ausgebrütetes Entenei, es sah aus wie ein grauer Stein mit dunklen Flecken. Damit ging sie am nächsten Tag zum Kaiser. Sie hielt ihm das Ei entgegen. Und auf einmal sah man einen kleinen Spalt und einen winzigen Schnabel, und der große Kaiser schaute geduldig zu, wie das kleine Tier sich aus dem Ei befreite, und er musste lächeln. „Scheinbar tot und doch lebendig“, sagte Katharina selbstbewusst.
Es heißt, dass der Kaiser sehr nachdenklich geworden sei.
Für meinen Glauben ist der Glaube an die Auferstehung unverzichtbar. Auch wenn sie meinen Verstand weit überschreitet, auch wenn sie die Grenzen des Vorstellbaren zu sprengen scheint. Auch wenn ich selbst die Auferstehung von den Toten bisher hautnah noch nicht mitbekommen habe wie die Frauen damals, die das leere Grab gesehen haben mit eigenen Augen. Aber ich kenne dies: Dass einer, der den Mut verloren hatte, wieder Lebenslust bekommt, dass die Verzweifl ung nicht ewig dauert und irgendeiner mir ein Wort, eine Geste oder einen Blick Hoffnung schenkt. Oder dass einer denkt: So, jetzt aber, jetzt pack ich das an. Das wär doch gelacht! Oder wenn eine kommt und sagt: Wir schaffen das zusammen. Oder mit ihrer Fantasie Zukunftsbilder malt!
Es gibt sie, die Momente, wenn aus Starre wieder Beweglichkeit wird. Ostern singt ein Lied davon. Ostern birgt die große Hoffnung, dass das Verwundete und das Traurige, das Gebrochene und das Belastende, das Furchtbare und Beängstigende hinter uns liegen wird. Da ist ein Mensch, den Gott nicht im Grab vergessen hat, sondern auf eine Art und Weise zu sich gerufen hat, die uns zu einem neuen Leben inspirieren kann. Nicht erst, wenn wir unseren letzten Atemzug tun, sondern schon jetzt. Wir haben ein Leben, das zwar noch dem Tod begegnet, sich ihm aber nicht mehr unterwerfen soll!
Die kleine Katharina zeigt auf das Ei, das Leben in sich trägt, das man noch nicht sehen kann. Es braucht manchmal einfach die Hoffnung auf das, was noch nicht zu sehen ist, aber ersehnt wird. Sonst ist Veränderung gar nicht möglich, sonst gäbe es keinen Grund, den nächsten Schritt zu tun! Und auf dem Weg kommen einem nicht selten die besten Ideen und Eingebungen!
Herzliche Grüße in alle Häuser,
Ihre und Eure Pastorin Bettina Rutz